Dana Berg, Autorin der Monatszeitung für Selbstorganisation "Contraste" und Verantwortliche für die Öffentlichkeitsarbeit des SOLIKON2015 hat für die Mai-Ausgabe Mitstreiter*innen des Kongress interviewt. "Alternativen sind eine Form des Widerstands", "Ein Herz für Humus", "Aus dem Süden lernen" - die Interviews geben einen ersten Einblick in die spannende Bandbreite der Veranstaltung vom 05.-13. September in Berlin.
Der Text ist ein Ausschnitt aus dem Artikel, zu finden auf www.contraste.org.
So ein Event ist ein Paukenschlag!
Giuliana Giorgi hat in den wilden 70er Jahren in Mailand Politikwissenschaften studiert. Nach ihrem Studium ist sie nach Deutschland ausgewandert und hat viele Jahre als Dolmetscherin gearbeitet. In den Nullerjahren hat sie ihre eigentliche Berufung wiederentdeckt: Die Politik und die Solidarische Ökonomie. Sie ist gleichzeitig Attac-Aktivistin und übersetzt, wann immer es ihr zeitlich möglich ist, Bücher und Dokumentationen zum Thema Praxis der Solidarischen Ökonomie.
Warum sollte man unbedingt am SOLIKON2015 teilnehmen?
Es geht bei dem SOLIKON2015 darum, die Alternativen, die schon da sind, sichtbar zu machen und die Akteure zusammenzubringen. So ein Event ist ein Paukenschlag. Es gibt die Solidarische Ökonomie und sie ist so vielfältig! Man kann sie nicht in eine kurze Definition packen, denn "die" Definition gibt es nicht. Man muss schauen, wer was wo wie macht. Und man muss zeigen, warum das eine echte Alternative zu unserem System ist. Dieses Sichtbarmachen ist auch eine Form des Widerstandes. Ein italienischer Journalist, der mehrere alternative Projekte in Italien besuchte und eine Dokumentation darüber gemacht hat, schreibt dazu: "In den Massenmedien wird nie über Alternativen berichtet." Zumindest in Italien nicht. Er selbst beschäftigt sich schon eine Weile mit den Alternativen, weil er für www.altreconomia.it schreibt. Er hatte aber die Wirklichkeit unterschätzt. Er meint, es sei kein Zufall, dass selbst der kritische Journalismus, der Missstände aufdeckt und anklagt, das System unterstützt. Denn die kritischen, bereits sensibilisierten Leser empören sich und ihr Gefühl der Ohnmacht wird noch verstärkt. Der Journalismus der nur die Missstände aufdeckt, verstärkt unser Gefühl der Ohnmacht...
Was verstärkt noch das Gefühl der Ohnmacht?
In Italien könnte man über Missstände ganze Bibliotheken füllen. Man fühlt sich wütend und ohnmächtig und dann hat man Lust auszuwandern. Das ist scheinbar die einzig vernünftige Lösung. Aber die Erzählung von Leuten, die es geschafft haben, echte Alternativen auf die Beine zu stellen, sowohl in Italien, als auch anderswo, das Erzählen vom Erfolg, von Lebensstilen, die das System hinter sich lassen, die Verwirklichung anderer Träume, stellen das hegemoniale, kulturelle Paradigma in Frage: Sie machen es obsolet. Der italienische Journalist Daniele Tarozzi schreibt in seinem Buch "Io faccio cosi" ("Ich mache es so") über Alternativen in Italien, das heißt es müssen Erzählungen verbreitet werden, die Millionen von Menschen dazu inspirieren können, ähnlich zu handeln. In seinem Buch versammelt er Geschichten von Leuten, die es anders machen und so aus der Logik des Systems ausbrechen. Alle möglichen Sachen, nicht nur aufs Land gehen, sondern auch in der Stadt bleiben und anders agieren. Er hat die vielen Interviews ins Netz gestellt: www.italiachecambia.org und jetzt hat er einen Film darüber zusammen gestellt. Das ist sehr inspirierend!
Wie ist der Kongress organisiert?
Wir wollen die Alternativen zeigen und wir fangen an mit der Wandelwoche, mit Exkursionen zu den Alternativen, die es in Berlin und Brandenburg gibt. Die Orgagruppe Wandelwoche hat 250 alternative Betriebe gesammelt. Es ist unglaublich, was es schon alles gibt. Die solidarische Ökonomie ist lokal, regional, deswegen ist es richtig dort, wo man lebt, anzufangen. Berlin ist wirklich eine unglaubliche Stadt der Alternativen. Auf dem Kongress wollen wir auch vom Süden lernen, weil da die Solidarische Ökonomie seit Jahrzehnten den Menschen ihre Würde und Lebensfreude zurück gibt. Wir wollen uns bewusst machen, was da passiert.
Wie ist die Wandelwoche organisiert?
Es werden gerade Touren organisiert. Einige kann man zu Fuß absolvieren, einige mit dem Fahrrad oder mit dem Zug. Das sind Tagestouren, man kann sich für eine oder mehrere anmelden, es wird auch Kultur geben, es werden Filme gezeigt.
Wofür bist Du zuständig?
Ich organisiere zwei Podien. Eines über Südeuropa und eines über solidarische Ökonomie und Kommunen, weil die Kommunen eine besonders wichtige Rolle zu spielen haben: Sie können die SÖ, die Initiativen, unterstützen. Und wir wollen gute Praktiken zeigen, die es vielerorts gibt. Wenn wir von Solidarischer Ökonomie sprechen, meinen wir auch Nachhaltigkeit, soziale Gerechtigkeit, Bürgerbeteiligung, Inklusion, partizipative Demokratie. Das bedeutet auch Postwachstum und die gemeinsame Nutzung von Gemeingütern, von öffentlichen Räumen, das sind alles verschiedene Ansätze, die das herrschende Einheitsdenken hinter sich lassen. Es geht darum, für die Bedürfnisse der Menschen zu wirtschaften, nicht für die Profitmaximierung. Das ist das Wesentliche.
Bei Interesse an den Autor*innen und Artikeln des SOLIKON2015 wenden Sie sich gerne an das Team Öffentlichkeitsarbeit: Dana.Berg@solikon2015.de oder Maria.Schmidt@solikon2015.de.